Eine Stadt für alle! Kämpfe um Wohnraum in Brasilien und in Deutschland

Das Recht auf Wohnen in Würde und eine bezahlbare Stadt für alle ist ein essentielles Thema in den aktuellen Kämpfen sowohl in Brasilien als auch in Deutschland. Die Erfahrungen in der Mobilisierung, Gemeinsamkeiten und Unterschiede, wollen wir mit Aktiven aus Bewegung und Politik gemeinsam diskutieren.  Die Veranstaltung findet wenige Tage nach dem Berliner Volksbegehren statt, in dem die Berliner Bevölkerung darüber entscheidet, ob der Staat eingreifen, und die Konzentration von Wohnraum auf wenige Wohnkonzerne verhindern soll.

Der Volksentscheid findet vor dem Hintergrund einer akuten Wohnungskrise in Berlin statt, die durch die Pandemie noch verstärkt wurde. Dies ist auch der Hintergrund der Anti-Räumungs-Kampagne Despejo Zero, in der die brasilianischen Volksbewegungen den Nationalkongress dazu drängen, das Veto von Präsident Jair Bolsonaro gegen ein Gesetz zu kippen, das Zwangsräumungen während der Pandemie verhindert.

Im Gespräch kommen die Stadtplanerin Erminia Maricato, Architektin und Koordinatorin von BR Cidades, sowie Rud Rafael, von der Anti-Räumungs-Kampagne Despejo Zero und landesweiter Koordinator der Bewegung der Wohnungslosen Arbeiter*innen (MTST) sowie die Abgeordnete Katalin Gennburg, MdA DIE LINKE in Berlin und Rouzbeh Taheri, Koordinator der Berliner Kampagne Deutsche Wohnen & Co Enteignen zusammen Moderiert wird die Diskussion von Torge Löding, Büroleiter der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Sao Paulo. Die Veranstaltung findet online auf Deutsch und Portugiesisch statt und wird auf Youtube übertragen.

Berliner Volksentscheid

In Berlin soll ein Exempel statuiert werden. Die am 26. September zusammen mit den Bundestagswahlen stattfindende Volksbefragung der Initiative Deutsche Wohnen & Co. Enteignen soll darüber entscheiden, ob private Wohnungsunternehmen mehr als 3.000 Wohneinheiten in der Stadt besitzen dürfen. Sollte die Bürger*innen im Volksentscheid mit JA stimmen, könnte dies die Enteignung von rund 11 Prozent der Immobilien der Hauptstadt, d. h. 240.000 Wohneinheiten, zur Folge haben. Das ist eine weitreichende Wirkung. Abgesehen von den symbolischen und politischen Folgen dieses Erfolgs, leben in Berlin etwa 80 Prozent der 3,6 Millionen Einwohner*innen zur Miete. Vor kurzem hatte das Bundesverfassungsgericht die Initiative der lokalen Regierung, einen fünfjährigen Mietendeckel einzurichten, für verfassungswidrig erklärt. Die Durchführung der Volksbefragung war nur durch die Kombination von Aktionen einer lokalen sozialen Bewegung und institutioneller Lobbyarbeit, insbesondere durch die Partei Die Linke möglich, die Teil der lokalen Regierungskoalition ist, die eine Mehrheit im Berliner Abgeordnetenhaus hat.

Despejo zero / Agenda für die Städte

In Brasilien finden sich in der Anti-Räumungs-Kampagne Despejo Zero (https://www.campanhadespejozero.org/) Bewegungen und soziale Organisationen zusammen, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen, zu sensibilisieren und auf die Institutionen einzuwirken, damit Zwangsräumungen während der Pandemie verhindert werden. Die im Juli 2020 ins Leben gerufene Initiative konnte Gesetzesvorlagen auf Gemeinde- und staatlicher Ebene voranbringen. Auf Bundesebene scheiterte die Kampagne trotz des Sieges im Kongress am Widerstand von Präsident Jair Bolsonaro, der nicht nur keine öffentliche Politik für Wohnraum für einkommensschwache Menschen fördert, sondern auch sein Veto gegen die Maßnahme eingelegt hat. Gleichzeitig veranstaltete BR Cidades, eine weitere Organisation der Zivilgesellschaft, im September ein Forum mit dem Ziel, die landesweite Agenda für die Städte vor den Herausforderungen durch die Gesundheitskrise, die durch die Vernachlässigung der Bundesregierung noch verschärft wurde, neu zu diskutieren. BR Cidades will mittel- und langfristige Projekte für die Städte Brasiliens entwickeln. In diesen Projekten soll besonders auf innerstädtische und regionale Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit geachtet werden.

Eine Stadt für alle! Kämpfe um Wohnraum in Brasilien und in Deutschland

05. Oktober

14 Uhr (Brasília)

19 Uhr (Berlin)

Teilnehmer*innen

Katalin Gennburg, Abgeordnete (MdA) DIE LINKE in Berlin

Rouzbeh Taheri, Mitgründer der Initiative „Deutsche Wohnen & Co Enteignen“ Berlin

Erminia Maricato, Architektin, Leiterin stadtpolitisches Netzwerk BR Cidades

Rud Rafael, Anti-Räumungs-Kampagne Despejo Zero Pernambuco und Koordinator der Bewegung wohnungsloser Arbeiter*innen (MTST)

Moderation

Torge Löding, Rosa-Luxemburg-Stiftung in Brasilien (RLS)

Übertragung auf Portugiesisch auf dem Youtube-Kanal der Fundação Rosa Luxemburgo

Übertragung auf Deutsch auf dem Youtube-Kanal der FRL Transmissão em inglês e alemão